Der Traum der Mayor League Football scheint jetzt endgültig ausgeträumt

Mayor League Football cancelled
Mayor League Football cancelled

Die Spatzen pfiffen es schon seit einigen Wochen von den sprichwörtlichen Dächern, die Hinweise verdichteten sich von Tag zu Tag, und die jetzt veröffentlichte Entscheidung überraschte die Insider keineswegs – die MLFB, die Mayor League Football, hat ihren Saisonstart „verschoben“. Was erstmal wie ein unspektakulärer Vorgang klingt, gleicht bei dieser neuen Liga einem Erdbeben.

Die MLFB sollte als Frühjahrsliga einen Ausbildungscharakter für die NFL bekommen, mit namhaften Trainern und hochtalentierten Nachwuchsspielern eine echte Alternative zu den eher mäßig interessanten Nachwuchsrunden und Trainingscamps der etablierten Proficlubs bilden.

CEO Frank Murtha sprach von unerwarteten Finanzierungsproblemen. Dass die Spieler ihre vertraglich zugesicherten Spielergehälter nicht bezahlt bekamen, dass sie zudem von jetzt auf gleich aus ihren Hotelzimmern geworfen wurden (man spricht von etwa 80.000 $, die die MLFB dem Hotel schuldet), dass die Spieler bis jetzt nicht den Hauch eines Hilfsangebots von der Leitung der Liga haben und teilweise keine Ahnung haben, wie sie nach hause kommen sollen, von ihrem Lebensunterhalt ganz zu schweigen: All das kann nicht mit „unerwarteten Finanzierungsproblemen“ erklärt werden.

Wie konnte diese Blase so spektakulär platzen?

Um diese Frage seriös zu beantworten, sollte man sich das Verhalten der Verantwortlichen in den letzten Monaten genauer ansehen. Den großen Versprechungen und geweckten Erwartungen folgten zunächst wirklich Taten. Das Stadion für das Trainingscamp aller Spieler, das Ladd-Peebles-Stadium in Mobile, wurde drei Monate im Voraus bezahlt, das Teamhotel organisiert, das Training fand statt. Ersten Gerüchten um finanzielle Unregelmäßigkeiten wurde noch sehr offensiv und selbstbewusst begegnet.

Aber es kamen bald auch kritische Stimmen aus dem Kreis der Spieler auf. Nicht nur, dass die Gehälter nicht pünktlich, unvollständig oder gar nicht kamen – das kann im Laufe der Vorbereitung auf den Start einer neuen Liga leicht passieren, wenn die Sponsoren-, TV- und Eintrittsgelder noch nicht so reichlich fließen und auch der Verkauf von Merchandise-Artikeln einfach noch nicht angelaufen sein kann, da die Teams als solche noch nicht existieren. Nein, vielen der Akteure stieß bitter auf, dass CEO Frank Murtha es nicht ein einziges Mal für notwendig erachtete, im Trainingscamp zu erscheinen.

Jetzt, mit dem finanzellen Aus der Liga, bekommt dieses Verhalten Murthas einen weiteren, sehr faden Beigeschmack. Hat er sich verstecken wollen? Lässt er die Spieler jetzt, trotz einer eher halbherzigen Solidaritätserklärung, im Regen stehen? Viele der Spieler stehen buchstäblich vor dem Nichts, niemand kümmert sich darum, dass sie wenigstens in ihre Heimatstädte gebracht werden, damit sie die Chance bekommen, bei Null anzufangen. Für nicht wenige Spieler gibt es eine große Wahrscheinlichkeit, dass sie auf absehbare Zeit obdachlos und gestrandet festsitzen und sich niemand um sie kümmert. Hier sind die Politik und die anderen Football-Ligen, ob nun NFL oder die Minor-Leagues, um Solidarität angehalten.

Die Zukunftsaussichten der Spieler

Natürlich oder glücklicherweise stehen nicht alle Spieler vor den Scherben ihrer Existenz. Einige, und ehrlich gesagt ein nicht ganz kleiner Teil, wird in anderen Ligen unterkommen und dort auch gutes Geld verdienen können. Allerdings hatte die MLFB für einige die Chance versprochen, quasi auf dem Zweiten Bildungsweg eventuell doch noch in die NFL aufrücken zu können. Diese Möglichkeit bietet sich in Organisationen wie die USFL und die XFL bei Weitem nicht so und nicht so Erfolg versprechend.

Die USFL und die XFL sind aber auch die Beispiele, die der MLFB Mut machen können. Beide Ligen haben ihren Spielbetrieb nach einer Saison vorübergehend eingestellt, dann aber einen Neustart gewagt. Die USFL hat ihre Saison planmäßig spielen können, die XFL soll in der Saison 2022/23 durchstarten. Die Schwierigkeiten der MLFB sorgen jetzt für einen regelrechten Run auf diese beiden Ligen, es werden viele talentierte und ambitionierte Spieler frei und sich jenseits von Frank Murtha und seinem Projekt positionieren.

Was steckt denn nun genau hinter dem Scheitern des Projekts der Mayor League Football?

Dass eine Liga erstmal Anlauf braucht, um Gewinne abzuwerfen, ist eine Binsenweisheit. Die Spieler müssen schon weit vor den ersten nennenswerten Einnahmen bezahlt werden, die Coaches und deren Stab ebenfalls. Stadien und Infrastruktur müssen vorbereitet werden, und der Verwaltungsapparat der Liga frisst ebenfalls eine Menge Geld.

Das alles ist kein Geheimnis und muss jedem der Beteiligten eigentlich klar gewesen sein. Dass die Liga jetzt schon vor dem ersten Spiel die weiße Flagge hissen muss, spricht nicht für einen seriösen und soliden Businessplan, sondern eher für Missmanagement und eine Menge Dilettantismus. Sicher, das sind harte Worte. Aber genau diese Worte drängen sich geradezu auf.

Die Tatsache, dass bisher kaum ein Spieler Hilfen erhalten hat, um vom Trainingscamp in Mobile nach hause zu kommen, spricht ebenfalls Bände über die Vorbereitung von Frank Murtha und seinen Mitstreitern. Denn auch, wenn man mit dem Besten rechnet, sollte man immer einen Plan B in der Schublade haben, um nicht alle Mitarbeiter und Angestellten im Falle eines Scheiterns im Regen stehen zu lassen. Dieser Plan B ist aber nirgends zu erahnen.

Offenbar hat niemand die Möglichkeit ins Auge gefasst, dass die Liga kein durchschlagender Erfolg werden könnte. Vor allen Warnzeichen wurden geflissentlich die Augen verschlossen. Dass hier keine Kontrollinstanz installiert wurde, die das Schlimmste hätte verhindern können, erweist sich in diesem Fall als fataler Fehler.

Ein Berg von Schulden und keine Antworten

Es kristllisiert sich immer deutlicher und klarer heraus, welch eine riesige Summe an Geld verbrannt worden ist. Die Liga steckt in einem Schuldensumpf. Und nicht nur bis über beide Ohren, sondern scheinbar deutlich darüber hinaus. Unabhängige Quellen sprechen von einer Schuldenlast von sage und schreibe 30 Mio Dollar, unter der die MLFB zum Stichtag 30. April 2022 ächzte.

Statt von Frank Murtha oder anderen hochrangigen Funktionären klare Statements zu bekommen, kriegt die Öffentlichkeit lediglich vorbereitete und weitestgehend nichtssagende Presseerklärungen oder Pressekonferenzen, bei denen die Verantwortlichen sich ebenfalls nur aus der Ferne per vorbereitetem Schreiben zu Wort melden. Eine professionelle Auseinandersetzung mit der Situation ist das jedenfalls nicht. Die Webseite der Liga ist aktuell abgeschaltet, auch hier kriegt man also keine halbwegs vernünftigen oder zumindest brauchbaren Antworten.

Wann und wie geht es mit der MLFB weiter?

Diese Frage ist, Stand heute, relativ eindeutig: die Liga ist gescheitert und wird eher keinen erneuten Versuch starten. Zu sehr haben sich Murtha und Co in der Krise als überfordert gezeigt, zu viele Sponsoren wurden verprellt, und nicht zuletzt wird jeder ambitionierte und talentierte Spieler zukünftig mindestens zweimal überlegen, ob er sich einer (Nachfolge-)Organisation anschließen wird, die bereits einmal fast kein einziges Versprechen gehalten hat, das sie gegeben hat. Das viel beachtete und mit großem Aufwand vorbereitete und vorgestellte Projekt muss also als gescheitert angesehen werden, bevor es wirklich starten konnte.

Leidtragende sind dabei hauptsächlich die Spieler. Die Trainer sind ziemlich gut abgesichert, und auch das Management der Liga wird in den vergangenen Monaten wohl darauf geachtet haben, dass zumindest ihre Gehälter in voller Höhe und pünktlich geflossen sind. Letzteres ist allerdings nur eine Vermutung.

Es wäre mehr als überraschend, wenn die Liga nach dem erneuten Scheitern erneut einen Anlauf versuchen wird. Ursprünglich bereits 2014 gegründet und wollte in den Städten starten, die nicht zu den NFL Standorten gehören. Der für 2016 geplante erste Start musste aus finanziellen Gründen abgesagt werden. Der für 2017 geplante Start wurde auf 2018 verschoben und dann auf 2019, ohne das je ein Spiel stattfand. Im Jahr 2020 hatte Murtha dann einen Start für 2021 versprochen der – man ahnt es bereits – auf 2022 verschoben wurde. Das Ende ist bekannt.

Ganz aktuell hat ein neuer Kreis die Rechte an der Marke Major League Football beansprucht und möchte jetzt die Markenrechte für einen neuen Start ab Oktober beanspruchen. Es bleibt also spannend, ob diese Liga jemals wirklich an den Start gehen wird ?