Beitragsautor: Jörg Kochs 

Die NFL plante bereits in den 70igern eine europäische Liga

Coach Ronald Jordan, Patrick Venzke (60) und Manfred Burgsmüller (10)
Coach Ronald Jordan, Patrick Venzke (60) und Manfred Burgsmüller (10)
Foto: imago

NFL Europe- Teil1

Erste Ideen für einen europäischen Ableger der NFL gab es bereits in den 70er Jahren. Der damalige Kick Scout der Dallas Cowboys, Bob Kap und der Präsident des TSV 1860 München entwickelten Pläne für eine International Football League. Diese sollte 1975 mit zehn Teams spielen, die hauptsächlich aus Europa kommen sollte, wobei geplant war, dass es ein Team geben sollte, dass aus dem asiatischen Teil von Istanbul kommen sollte. Aus verschiedenen Gründen ist es dazu aber niemals gekommen. Einer der Gründe war auch dass der American Football in Europa zu diesem Zeitpunkt einfach noch gar nicht verbreitet war. Man war schlicht und ergreifend seiner Zeit noch etwas voraus.

 

Nachdem in den 80er Jahren Footballspiele immer häufiger in Großbritannien übertragen wurden, gab es ab 1986 ein jährliches Vorbereitungsspiel der NFL in London. Den Anfang machten damals die Cowboys und die Chicago Bears. 1990 kündigte man die World League of American Football an. Hieran sollten sechs Teams aus den USA, drei aus Europa und eins aus Kanada teilnehmen. Und auch Deutschland sollte sofort dabei sein, die Frankfurt Galaxy sollten die deutschen Farben vertreten.

Präsident der Galaxy war der frühere NFL Quarterback Oliver Luck. Luck ist der Vater von Andrew Luck. Die anderen beiden europäischen Teams waren die Monarchs aus London und die Dragons aus Barcelona. Im ersten Jahr verpasste Frankfurt die Playoffs. Der Titel ging in einem rein europäischen Finale nach London. Die Engländer schlugen die Katalanen im Finale mit 21:0. Sportlich war diese Liga allerdings weit unter NFL Niveau MVP wurde Quarterback Stan Gelbaugh. Er versuchte es in der NFL in Dallas, Buffalo Cincinnati, Kansas City und Seattle konnte sich aber nie wirklich durchsetzen. Selbiges traf auf die insgesamt drei DMVP zu.

In der zweiten Saison nahmen Ohio Glory den Platz der Raleigh Durham Sķyhawks ein. Diese hatten im ersten Jahr alle zehn Spiele verloren. Ansonsten liegt die Liga aber unverändert und die amerikanischen Teams bekamen nun stärkere Spieler. Frankfurt gelangen nur drei Siege, damit blieb man aber noch vor dem Titel Verteidiger aus London. Neuling Ohio kam gleich mal ins Finale, verlor dort aber gegen die Sacramento Surge. Doch die World League of American Football hatte dasselbe Problem, dass eigentlich alle amerikanischen Football Leagues unterhalb von NFL und College haben: mangelndes Zuschauer Interesse. Ein Problem dabei war der Termin für die Saison. Man spielte von April bis Juni, ging damit zwar der NFL aus dem Weg, kam jedoch in die Zeit wo die MLB in ihre Saison startete. Aus dem gleichen Grund ist auch die von Donald Trump unterstützte USFL in den 80er Jahren gescheitert. Folgerichtig wurde die World League of American Football vorerst gestoppt.

1995 kehrte die Liga dann allerdings als World League wieder zurück. Der größte Unterschied bestand darin, dass es von nun an ausschließlich europäische Teams gab. Barcelona Frankfurt und London behielten ihre Startplätze, Amsterdam(Admirals) Düsseldorf ( Rhein Fire) und Edinburgh ( Scottish Claymores) kamen hinzu. Etwas merkwürdig war der Modus. Die sechs Teams spielten in einem Ligen System, jedes Team zweimal gegen jedes andere. Der Tabellenführer nach Woche 5 und der Tabellenführer nach Woche 10 kamen in den World Bowl. In gewisser Weise war die Tabellenführung nach Woche 5 sogar wichtiger, denn der Tabellenführer nach Woche fünf hatte das Recht im World Bowl zu Hause zu spielen. Die Saison startete am 8 April 1995. Zum ersten Deutsch-Deutschen Duell kam es in Woche 4 am 30 April 1995 als Rhein Fire Frankfurt mit 21:20 besiegen konnte. Bitter für die Düsseldorfer: obwohl man auch das zweite direkte Duell gegen Galaxy gewinnen konnte, waren es die Hessen die den World Bowl erreichten.

Das absolute Überteam waren aber die Amsterdam Admirals. Die Niederländer gewannen neun ihrer zehn Spiele in der regulären Saison. Kicker des Teams war übrigens ein gewisser Adam Vinatieri. Und da Amsterdam nach Woche 5 Tabellenführer war, hatten sie im Finale auch noch Heimrecht gegen Frankfurt. Es schien also eine klare Sache zu werden, doch es gelang den Hessen das Spiel eng zu halten. Kurz vor Schluss führten sie sogar mit 26 zu 14, doch dann gelang Amsterdam ein Touchdown plus 2 Point Conversion. Tatsächlich konnten die Admirals sogar den Onside Kick erobern, doch die Defensive der Hessen hielt und so ging der Titel nach Frankfurt. MVP wurde QB Paul Justin. Er spielte später in der NFL für Indianapolis, Cincinnati und die St. Louis Rams. Mit Letztgenannten konnte er sogar den ganz großen Wurf schaffen und den Superbowl gewinnen, wenn auch nur als Backup.

1996 nahmen die gleichen sechs Teams Teil. Wieder gelang Frankfurt mit einer Bilanz von sechs Siegen und vier Niederlagen der Sprung in den World Bowl. Gegner waren diesmal die Scottish Claymores aus Edinburgh. Erneut musste die Galaxy auswärts antreten. Das Endspiel steht am 23 Juni 1996. Wie schon im Vorjahr entwickelte sich ein enges Finale und Frankfurt war ebenbürtig. Kurz vor Schluss war die Titelverteidigung durchaus möglich, und Frankfurt hätte das Spiel mit einem Spiel gewinnen können. Doch dieses Mal geht der Titel nach Schottland.

Und was macht Rhein Fire? Der ehemalige Bundesliga-Profi Manfred Burgsmüller, aktiv unter anderem für Borussia Dortmund und Werder Bremen, wird Kicker der Rheinländer. Dies wird er für sechs Jahre bei den Düsseldorfer bleiben. Als er 2002 immer noch spielt, ist er mit damals 52 Jahren der älteste aktive Footballspieler überhaupt. Generell scheint der Fußball durchaus Interesse an der NFL gefunden zu haben. Ingo Anderbrügge, ehemaliger Profi von Schalke 04 wird später auch als Kicker für Düsseldorf spielen. Im Jahr 2004 planen die Schalker sogar eine eigene NFL Europe Mannschaft aufzubauen und beauftragen kurioserweise damit ausgerechnet BVB-legende Burgsmüller. Letztlich verlaufen die Pläne im Sand.