Nostalgiker werden sich vielleicht noch erinnern: in den 1980er Jahren gab es mit der USFL eine Konkurrenzliga zur NFL

Jim Kiick, Larry Conska und Mercury Morrisy
Jim Kiick, Larry Conska und Mercury Morris, das legendäre Backfield der Miami Dolphins
Foto: imago

Diese spielte ausschließlich im Frühjahr, wenn die große Liga Spielpause hatte. Als diese Konkurrenzliga, die United States Football League (USFL), ihren Spielbetrieb in den Herbst verlegen wollte und die NFL wegen ihrer TV-Verträge auf Grund von Verletzungen des Kartellrechts verklagte, endete das zwar mit einem Sieg. Dieser stellte sich aber als Pyrrhussieg heraus, die von Donald Trump, dem damaligen Eigner der New Jersey Generals angeführte Klage wurde zum Sargnagel der jungen Liga.

Als der Sender Fox Sports nun ankündigte, die United States Football League an den Start zu bringen, war die Freude zunächst groß. Die Teams wurden präsentiert, und zur Begeisterung der damaligen Enthusiasten waren es die gleichen Teamnamen wie damals, und selbst die Logos tauchten wieder auf! Damit allerdings ist es auch schon wieder vorbei mit den Gemeinsamkeiten. Die neue USFL sieht sich in keinster Weise den Traditionen der damaligen Teams verpflichtet. Das führt nun zu einem Rechtsstreit, der von vielen Footballfans mit großer Spannung erwartet wird. Einige Vertreter der alten, ursprünglichen Liga wie Larry Csonka, ziehen gegen Fox Sports vor Gericht.

Wir versuchen, einen Überblick über die Argumente, die Hauptdarsteller und die neue Liga als Konstrukt zu geben. Und geben einen Ausblick über den wahrscheinlichsten Ausgang dieses Streits, der nicht ganz so spektakulär werden wird wie der Prozess, den die United States Football League 1985 gegen die NFL anstrengte. Das heißt aber noch lange nicht, dass er weniger spannend wird.

„Eine Farce und Betrug“

Jeff Pearlman, ein 1972 geborener New Yorker Sportjournalist und Buchautor, lässt kein gutes Haar an den Plänen, die Frühjahrsliga wieder aufleben zu lassen. In seinen Augen ist es ohnehin kein Revival, sondern ein plumpes Plagiat. Pearlman stößt sich besonders daran, dass die Teams der neuen Konkurrenzliga für sich keine Verpflichtung sehen, sich als legitime Nachfolger der ursprünglichen USFL-Teams zu definieren. So finden sich auf den Internetpräsentationen und den Seiten der sozialen Netzwerke der Teams keine Querverweise auf die alte Liga, ehemalige Spieler oder Trainer. Selbst, wenn diese später in der NFL eine große Karriere hingelegt hatten.

Exemplarisch erwähnt Jeff Pearlman das Beispiel von Sam Mills, der im Februar 2022 in die Hall of Fame aufgenommen wurde. Mills hatte seine Karriere in der USFL bei den Philadelphia/Baltimore Stars begann und mit diesen auch zwei Titel gewann. Der 2005 verstorbene Middle Linebacker spielte danach in der NFL, wo er mit den New Orleans Saints und den Carolina Panthers ebenfalls so manchen Erfolg feiern durfte. Als die NFL jetzt bekanntgab, Mills in die Hall of Fame aufzunehmen, fand das in den Internetauftritten der Stars keine Erwähnung. Pearlman monierte das bei den Ligamanagern, schließlich war Mills ja nicht irgendwer, sondern einer der Protagonisten der frühen Zeit. Die Antwort der Ligavertreter ließ Pearlman vor Wut schäumen: „Es handelt sich um eine neue, unabhängige Football-Liga, die weder mit der United States Football League der 1980er Jahre noch mit deren Eigentümern in Verbindung steht.“

Warum“, so Pearlman, „habt ihr euch überhaupt die Mühe gemacht, eine alte Liga zu kopieren, nur um die alte Liga zu ignorieren?“ Der Autor befürwortet die in Kalifornien eingereichte Klage. „Ich weiß nicht, ob die Klage Erfolg haben wird,[…] aber für mich fühlt es sich wie Farce und Betrug an.“

Die Sichtweise der Ligaverantwortlichen

Fox Sports als Initiator der Liga sieht der USFL Lawsuit sehr gelassen entgegen. Anwalt David Bernstein argumentiert, dass die neue Liga ihre Eigentumsrechte bereits im Jahr 2011 angemeldet habe, die Klage aber von einer Organisation eingereicht worden sei, die sich erst eine Woche zuvor gegründet habe. Diese Organisation, die sich „The Real USFL, LLC“ nennt, wurde von Larry Csonka ins Leben gerufen und möchte die Markenrechte der ehemaligen Frühlingsliga gewahrt sehen.

Diese Markenrechte sieht Fox Sports nicht. David Bernstein führt in einer Stellungnahme aus, dass die Rechte an den Markennamen der Teams, der Logos und der gesamten Liga im Jahr 1985 mit dem Scheitern der alten Liga abgelaufen seien. Dass das von den Klageführern anders gesehen wird, ficht scheinbar weder den Organisator der neuen Liga noch seinen Anwalt an: „Der in letzter Minute unternommene Versuch, der aufregenden neuen USFL ihren Wert zu entziehen, ist absolut unseriös, und wir prüfen alle Möglichkeiten, um Abhilfe zu schaffen.“

Alle Möglichkeiten? Was genau heißt das? Schließt das auch etwaige Schadensersatzzahlungen an „The Real USFL“ ein? Auf diese Details ging Bernstein nicht ein.

Die Vorbereitungen für die Saison mussten trotzdem mit Hochdruck vorangetrieben werden, allen Querelen zum Trotz. Mit großem Werbeaufwand wurde ein Draft organisiert, der sagenhafte 35 Runden andauerte und für einen ordentlichen Hype sorgen sollte. Die Werbung wurde forciert und Fox Sports scheint nicht den geringsten Zweifel zu hegen, dass in ihrem Projekt irgendetwas nicht ganz sauber geplant sein könnte.

Fox Sports konnte auf jeden Fall schon einen Etappensieg verbuchen: Die neue Liga ging am 16. April an den Start. Der USFL Rechtstreit ist damit aber natürlich nicht beendet.

Larry Csonka und The Real USFL

Larry Csonka ist nicht irgendwer. Der heute 75jährige ist selber ein Mitglied in der Football Hall of Fame, als Spieler der Miami Dolphins gehörte er zur legendären Mannschaft, die als bis dato einzige eine „Perfect Season“ spielen konnte: alle Saisonspiele wurden gewonnen, und auch das Super Bowl Finale entschieden dioe Dolphins für sich. Phänomenal!

Csonka war eine der prägendsten Figuren in der Defensive der Dolphins. Der „Stier im Porzellanladen“, wie ihn der Bleacher Report einst taufte, war bekannt für seine unglaubliche Härte. Gegen seine Gegenspieler. Und auch gegen sich selbst. Diese Härte will Csonka jetzt auch im USFL Lawsuit zeigen. Allerdings nicht mehr körperlich, sondern in der Sache. Und dabei ist er durchaus emotional. Schließlich war Csonka eine der Triebfedern, als die USFL im Jahr 1983 ihren Spielbetrieb aufnahm.

Jacob Camenker, Producer für digitale Inhalte bei Sporting News und ein profunder Kenner des nordamerikanischen Profisports, fasst die Argumente der Klägerseite im USFL Rechtstreit zusammen.

Die Besitzer der alten Teams möchten verhindern, dass Fox die Namen und Logos ihrer Clubs verwendet, ebenso den Liganamen. Sie sehen hier neben den Markenrechten auch den Tatbestand der falschen Werbung und Assoziation. Schließlich seien die Namen und Logos von Liga und Teams denjenigen aus den 1980er sehr ähnlich, zudem sei unzureichend geprüft worden, ob es Markenrechte gebe. Das wiederum müssen jetzt Richter von Fall zu Fall einzeln entscheiden. Jedenfalls hat Fox die Ankündigung aus dem Jahr 2021, die USFL „neu starten“ zu wollen, inzwischen aus dem Sprachgebrauch gestrichen. Vielmehr wird seitdem betont, dass die alte und die neue Liga absolut nichts miteinander zu tun hätten. Das bringt wiederum Larry „Zonk“ Csonka auf die Palme: „Wenn die USFL keinen Wert hat, warum wollte Fox sie dann haben?“, wird Csonka von Touchdown Wire zitiert, der Footballabteilung bei usatoday.com.

Wie wird der Streit enden?

Auch wenn Spötter schon witzeln, dass diese Klage so ausgehen wird wie die letzte USFL Lawsuit, ist der Ausgang tatsächlich höchst ungewiss. Wie die Richter entscheiden, wie sich die Jury positioniert, kann niemand wirklich sicher vorhersagen. Sollte Fox der Markenrechtsverletzung schuldig gesprochen werden, ist der Versuch einer neuen Frühlingsliga wohl ein sehr teurer Fehler gewesen. Die Markenrechtsverletzungen einzelner Clubs, von denen definitiv nicht alle die Weitsicht besaßen, die Rechte seit 1985 immer wieder erneuern zu lassen, dürften in diesem Zusammenhang als Kleinigkeiten angesehen werden.

Letztlich wird es, wie so oft, vermutlich im kleinen Kreis mit großen Scheinen geregelt werden. Fox wird den Klägern ein ordentliches Angebot machen, damit die im April gestartete Liga nicht noch mehr negative Schlagzeilen produzieren kann. Vermutlich trifft dann auch eine Situation ein, die fast nur Gewinner kennt: Fox Sports hat seine Liga, Larry Csonka die Entschädigung, die alten Teams ebenfalls. Und Jeff Pearlman? Pearlman wird wahrscheinlich schmollen und in einigen Jahren ein Buch über die USFL und ihre Geschichte schreiben. Lassen wir uns überraschen und genießen einfach Football der absoluten Spitzenklasse.

Mittlerweile wurden acht von zehn Spieltage durchgeführt, die Playoffs sind für den 25. Juni in Canton, Ohio im Hall of Fame Stadium geplant. Zwischen den beiden Spielen wird Countrystar Trace Adkins auftreten.

USFL Playoffs mit Trace Adkins
USF Playoffs mit Trace Adkins